Intro
Ein Sommertag auf Coney Island – privates Urlaubsfoto oder kalkulierte Ästhetik? Was uns zunächst wie ein Schnappschuss vorkommt, wirkt bei genauerem Hinsehen wie eine gestellte Szene.
Wir wissen sehr wenig über die Aufnahme: Wer sind die Menschen auf dem Bild und was sucht ihr Blick in der Ferne? Die Antworten auf diese Fragen lassen sich nur erahnen. Auch wer der Fotograf ist, wissen wir nicht.
Die Aufnahme von Coney Island wurde nachträglich koloriert. In ihrer Farbigkeit erinnert sie an die Kunst Andy Warhols. Der amerikanische Künstler verwendete Fotografien als Vorlage für seine Siebdrucke. Durch die ungewöhnliche Farbgebung verfremdete er das Foto des chinesischen Parteivorsitzenden Mao Zedong. Wird der chinesische Diktator damit zu einer Ikone der Pop-Art? Oder wird er durch diese Veränderung der Lächerlichkeit preisgegeben?
Die Ende der 1950er Jahre aufkommende Pop-Art bedient sich Bilder des täglichen Lebens, um sie radikal zu verwandeln. Die Künstler verwenden Bilder von Lebensmitteln, Getränken, Zigaretten, Autos und anderen Massenprodukten. Auch Bildmaterial aus Werbung, Presse und Film wird verarbeitet.
Die Künstler verfremden die Bilder, indem sie andere Materialien oder knallige Farben wählen oder serielle Wiederholungen produzieren. Die Werke der Pop-Art sind ironische Kommentare auf die Konsumgesellschaft der Nachkriegszeit. Andy Warhol gehört zu den berühmtesten Vertretern dieser Bewegung.
Der Künstler erschafft die Wirklichkeit, der Fotograf sieht sie.
Während das Foto von Coney Island zur Sammlung von Ruth und Peter Herzog gehört, befindet sich das Werk Warhols im Kunstmuseum Basel. In der Ausstellung The Incredible World of Photography treffen die Bilder aufeinander. Im Dialog der beiden Sammlungen eröffnen sich neue Perspektiven auf die ebenso spannungsgeladene wie fruchtbare Auseinandersetzung zwischen bildender Kunst und Fotografie.